Das Hebbel-Museum in der alten Kirchspielsvogtei

Die Alte Kirchspielvogtei trägt ihren Namen, weil sie im 19. Jahrhundert als Wohnhaus und Amtssitz des Kirchspielvogtes, des höchsten Verwaltungsbeamten des Kirchspiels Wesselburen diente.

Von der Wohnstelle aus, auf der das Gebäude heute steht, begann das Feuer, das große Teile Wesselburens im August das Jahres 1736 vernichtete. Unachtsam weggeschüttete, glühende Asche auf einem trockenen Dunghaufen war die banale Ursache der Katastrohe, von der sich Wesselburen lange Zeit nicht erholen sollte. Das Feuer breitete sich rasch aus und erfasste den hölzernen Glockenturm auf dem Nachbargrundstück. Bald gerieten auch die Häuser um den Marktplatz, in den benachbarten Straßen und die Kirche in Brand. Drei Stunden später lag der größte Teil Wesselburens in Schutt und Asche, insgesamt 127 Gebäude und die damalige Kirche waren den Flammen zum Opfer gefallen. Das Gebäude, das später die Kirchspielvogtei werden sollte, wurde ein Jahr nach dem Unglück - also 1737 - errichtet. Nach der Pensionierung des Kirchspielvogtes Johann Jacob Mohr im Jahre 1858 diente es als Wohnhaus.

 

1949 kaufte die Stadt Wesselburen das Gebäude. Bereits drei Jahre später konnte das Hebbel-Museum in diesem Haus neu eröffnet werden. Seit seiner Gründung im Jahr 1911 befand es sich im Obergeschoss des Hebbelhauses in der Süderstraße, einem Haus, das in keiner Beziehung zu dem Dichter stand, da es erst nach seinem Tod errichtet wurde. In der Alten Kirchspielvogtei hingegen hatte Friedrich Hebbel sieben Jahre lang gelebt und gearbeitet. Die Ausstellung im Erdgeschoss zeigt in zehn Räumen Leben und Werk des großen Dramatikers. Kindheit und Jugend werden im Wesselburener Zimmer und im nachgebauten Geburtszimmer gegenwärtig. In der Schreiberstube führte Hebbel das Protokollbuch der Kirchspielvogtei. Hier entstanden auch erste Gedichte. Beeindruckend ist der karge Alkoven unter der Bodentreppe, dessen Enge der junge Hebbel beim Schlafen noch mit dem Kutscher teilen musste. Die entbehrungsreichen Jahre in Hamburg und auf Reisen sind in zwei weiteren Räumen dokumentiert. In dieser Zeit sind die Dramen "Judith", "Genoveva" und das heute noch am meisten gespielte bürgerliche Trauerspiel des Dichters "Maria Magdalena" entstanden.

 

Das Wiener Zimmer zeigt die vielfältigen Beziehungen mit bedeutenden Persönlichkeiten, die Friedrich Hebbel nach seiner Hochzeit mit der Burgschauspielerin Christine Enghaus von Wien aus pflegte. In der alten Kaiserstadt kam er zu Ruhm und Ansehen. Hier entstanden die Dramen "Herodes und Marianne", "Agnes Bernauer", "Gyges und sein Ring" und die "Nibelungen", für die Hebbel kurz vor seinem frühen Tod mit dem Schiller-Preis ausgezeichnet wurde.

 

Das Handschriften-Zimmer gibt einen Einblick in die Korrespondenz, die der Dichter mit vielen seiner Zeitgenossen geführt hat. Das Wiener Wohnzimmer schließlich vermittelt einen Eindruck von der Wohlhabenheit des Ehepaars Hebbel. Hier findet der Besucher wertvolle Möbel, Bilder und Gebrauchsgegenstände aus der Wohnung in Wien und aus dem Sommerhaus in Gmunden am Traunsee.

 

In den über 100 Jahren seines Bestehens hat sich das Museum nicht nur zu einer repräsentativen Gedenkstätte, sondern auch zu einem Anlaufpunkt für Hebbel-Forscher aus aller Welt entwickelt. Die Bibliothek im Obergeschoss umfasst ca. 6000 Titel. Im Zeitungsausschnittarchiv werden seit Bestehen des Museums Zeitungsartikel über Hebbel aus dem deutschsprachigen Raum gesammelt. Wissenschaftlern stehen Arbeitsplätze in der Bibliothek und im Gastwissenschaftler-Zimmer zur Verfügung. Im Jahr 1926 wurde die Hebbel-Gesellschaft gegründet. Sie unterstützt das Museum, fördert die Hebbel-Forschung und belebt durch die jährlichen Tagungen in Wesselburen die Beschäftigung mit dem Dichter. Die seit 1939 erscheinenden Jahrbücher dokumentieren diese Arbeit. Seit einigen Jahren wird das Museum ebenfalls durch den „Förderverein für das Hebbel-Museum“ unterstützt, durch den schon viele Anschaffungen und Veranstaltungen finanziert werden konnten.